Theatertag im Berliner Ensemble: Totentanz

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Zum Stück:
1,5 Std ohne Pause

TOTENTANZ
VON AUGUST STRINDBERG
NACH EINER BEARBEITUNG VON JOHN VON DÜFFEL
Die Insel liegt abseits der Schifffahrtsrouten und Flugschneisen, man kann sie nicht einfach verlassen oder erreichen. Außerdem finden sich auf der Insel elektromagnetische, klimatische, spatiotemporale (raumzeitliche) Besonderheiten, bei denen selbst Faraday (einer der bedeutendsten Experimentalphysiker des 19. Jahrhunderts) die größten Denkschwierigkeiten bekommt.“ Was der Filmkritiker, Poptheoretiker und Autor Dietmar Dath hier beschreibt, ist nicht die Verortung von Strindbergs Totentanz (1900), sondern von Lost,einer vieldiskutierten Mystery-Serie der Nullerjahre. Für Regisseur Kay Voges ist sie inspiratives Bindeglied zwischen Beckett und Strindberg: Seit mehr als zwanzig Jahren leben Alice und Edgar in einem Festungsturm auf einer Quarantäneinsel. Es gibt längst keinen Burgunder mehr, keinen Weinkeller, kein Brot und keine Dienstboten, der Kontakt zu Freunden und Familie ist seit langem abgerissen, die Kinder sind weg. Was bleibt, ist die Wiederholung. Seit einer gefühlten Ewigkeit kreist das Paar narzisstisch um sich selbst: Tagtäglich fordern sie sich heraus, provozieren sich in ihren Schwächen, üben sich in Dominanz über den jeweils anderen. Ein absurdes Paar in einer absurden Welt. Zurückgeworfen auf sich selbst und die Frage nach den Triebkräften ihres Tuns. Konfrontiert mit einer unberechenbaren Natur, den Untiefen des Meeres und der Seele. Zwischen Bezwingung und Ausgeliefertsein. Folgt man den Überlegungen zum Absurden von Albert Camus, so muss man sich die beiden als glückliche Menschen vorstellen. Ihr Zusammenleben haben sie aus freien Stücken zu ebendiesem Spiel gemacht. Sie sezieren gleichsam wollüstig, was an Aggressionspotenzial in ihnen rumort. „Kämpfen, treten, um sich schlagen bis zum letzten Atemzug“ ist die Lebensphilosophie, der sie alles unterwerfen. Auch der gemeinsame Jugendfreund Kurt, der nach 15 Jahren zu Besuch kommt, wird zum Spielball in einem Spiel, das keines mehr ist, sobald der Tod am Zug ist. Ein Endspiel – denn darauf wird gewartet: auf das Ende. So heißt es in der Eingangsphase von Totentanz: „Es ist zu Ende.“ Und dann: „Zu Ende? Wenn es doch so wäre.“ •
Sibylle Baschung

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Mittwoch, 24.05.2023 19:45 Uhr

Bertolt-Brecht-Platz 1, 10117 Berlin, Deutschland

Theater & Kabarett


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